Ganz klar: Nachhaltigkeit bedeutet Umweltschutz. Und doch erhält man vermutlich zehn unterschiedliche Antworten, wenn man zehn verschieden Personen fragt, was das Wort Nachhaltigkeit genau bedeutet. Gleiches gilt für die Definitionen von Nachhaltigkeit und nachhaltigem Verhalten auf den Webseiten und in den Broschüren von Unternehmen. Jeder macht es und dennoch macht niemand exakt das Gleiche. Woran liegt das eigentlich? Und sind soziale und ökonomische Aktivitäten nicht auch nachhaltig?
Der Begriff der Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft, wo es dem Prinzip entspricht, nur so viel Holz zu fällen, wie jeweils nachwachsen kann. Und doch hat sich das Wort über die letzten Jahrzehnte weiterentwickelt und ist nun in aller Munde. Der deutsche Duden definiert Nachhaltigkeit nun ganz einfach als "längere Zeit anhaltende Wirkung". Und genau dort beginnt die Herausforderung: Wirkung worauf? Und was ist eine längere Zeit - Wochen, Monate, Jahre?
Andere Quellen wie das Gabler Wirtschaftslexikon oder Organisationen wie Beratungen, NGOs, Parteien und Wirtschaftsverbände besitzen ihre eigenen Definition. Komplex wird es dann, wenn man internationale Definitionen für das Wort "Sustainability" dazu holt. Hinzu kommt der europäische Green Deal, welcher die Farbe Grün nutzt, um Ambitionen für den Umweltschutz zu vermitteln und entsprechende Massnahmen in die Wege zu leiten. Grün gilt hierbei als Synonym für Umwelt, doch ist es auch ein Synonym für Nachhaltigkeit? Wir betrachten verschiedene Perspektiven und versuchen einen guten Kompromiss zu finden.
Es ist schnell festzustellen, dass Nachhaltigkeit subjektiv ist - sowohl für Menschen, als auch für Unternehmen. Für Menschen ist die individuelle Definition von Nachhaltigkeit häufig abhängig von Alter, Herkunft, Ausbildung und Ideologie. Während Wasserknappheit in Deutschland kaum ein Thema ist, sind andere Länder regelmässig von Dürren betroffen. Gleiches gilt für die Wahrnehmung von Dringlichkeit. Jüngere Generationen zeigen vermehrt ihre Unzufriedenheit mit öffentlichen Aktionen wie Fridays for Future, um der Dringlichkeit notwendiger nachhaltiger Massnahmen Nachdruck zu verleihen. Für Unternehmen sind hingegen die eigene Branche, Lieferanten- und Kundenbeziehungen und Druck durch Gesetzgebung häufig ausschlaggebende Faktoren für die eigene Bewertung von Nachhaltigkeit.
Für Unternehmen bietet sich eine Wesentlichkeitsanalyse an (mehr dazu in unserem Blog-Artikel), um zu verstehen, welche nachhaltigen Dimensionen für die eigenen Aktivitäten und externe Stakeholder am relevantesten sind. Beispielsweise sind im rein ökonomischen Sinne Emissionen und Entsorgung häufig relevantere Themen als Wassernutzung oder Artenvielfalt. Trotzdem sollte dies gut definiert, diskutiert und dokumentiert werden. Die Verantwortung gegenüber interessierten Parteien, zum Beispiel Arbeitnehmer, Kunden und Nichtregierungsorganisationen, sollte unbedingt in die eigene Bewertung einfliessen. Das Ergebnis sind insofern häufig subjektiv nachhaltige Massnahmen, aber dennoch Handlungen, die langfristig eine positive Wirkung zeigen sollten.
Bei der Interpretation von Nachhaltigkeit muss es jedoch Grenzen geben. Zwar gibt es einige Standards am Markt (Öko-Siegel, Zertifikate, etc.), doch fehlt es immer noch an Harmonisierung der einzelnen Standards. Dies kann zu Intransparenz und Verwirrung für Kunden und Konsumenten führen. Wichtig ist Glaubwürdigkeit, welche nur geschaffen werden kann, indem verifizierbare Massnahmen, Informationen und Dokumentation bereitgestellt werden.
In den vergangenen Jahren haben einige Unternehmen die Intransparenz genutzt, um sich als nachhaltiger darzustellen, als sie tatsächlich sind bzw. waren. Dies wird häufig als Greenwashing bezeichnet und sollte unter allen Umständen beobachtet und in den Augen vieler sogar bestraft werden. In jeder Industrie gibt es schwarze Schafe, die das Vertrauen in die gesamte Branche beschädigen. Insofern gilt es mit gutem Beispiel voranzugehen und sich innerhalb der eigenen Industrie als glaubwürdig, kompetent und zukunftsorientiert auszurichten. Einen Grossteil macht präzise, transparente Kommunikation aus, welche mit Daten und (externer) Prüfung verifiziert wird. Ein gutes Beispiel dafür stellen Nachhaltigkeitsberichte dar, welche bereits heute bei grösseren Unternehmen verpflichtend sind.
Nachhaltigkeit ist häufig ein Synonym für die Bekämpfung des Klimawandels und grünes Verhalten wird meistens dem Umweltschutz zugeschrieben. Doch Nachhaltigkeit sollte breiter betrachtet werden. Ein neue Abkürzung, die vor einigen Jahren in Mode gekommen ist, hilft dabei: ESG. Die Abkürzung steht für "Environment" (Umwelt), "Social" (Soziales), "Governance" (Unternehmensführung). Diese Darstellungsweise ist hilfreich, da sie alle Aspekte der unternehmerischen Nachhaltigkeit abdeckt, die langfristig unsere Zukunft beeinflussen werden. Nachhaltiges Handeln beinhaltet zwar ökologische Aktivitäten, jedoch sollte auch soziales und ökonomisches Handeln nicht ausser Acht gelassen werden. Ein Unternehmen ohne Profit ist genauso wenig nachhaltig, wie eine Organisation, die ihre Mitarbeitenden gefährdet oder nicht weiterbildet.
Gute Beispiele für einige ESG Dimensionen sind:
Auf Regierungsebene werden einige dieser Kriterien inzwischen auch strenger überwacht. So hat Deutschland gerade in 2021 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (in kurz "Lieferkettengesetz") verabschiedet, welches Unternehmen dazu verpflichtet, Risiken gegenüber Menschenrechten und der Umweltverschmutzung in ihrer Lieferkette zu überwachen, zu reduzieren und zu vermeiden. Und auch auf EU Ebene ist viel in Bewegung, da Investoren, Konsumenten und Unternehmen mehr Vergleichbarkeit fordern, um nachhaltige Entscheidungen treffen zu können. Ein spannender Aspekt, welchen wir hier hervorheben wollen, ist das "do no harm"-Prinzip, welches besagt, dass im Rahmen einer nachhaltigen Handlung keinerlei Schäden gegenüber einem anderen Nachhaltigkeitsprinzip verursacht werden sollte.
Inzwischen gibt es einige Rahmenwerke, die Nachhaltigkeit ganzheitlich abdecken möchten, unter anderem der European Sustainability Reporting Standard (ESRS), der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) und die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDGs). Diese Rahmenwerke sind die grundlegenden Systematiken vieler ESG-Softwarelösungen und so wichtig, dass wir sie als nächstes genauer betrachten.
Anders als nur nachhaltiges Verhalten zu definieren, haben die Vereinten Nationen (UN) mit ihren "Sustainable Development Goals" (SDGs), Ziele für die nachhaltige Entwicklung konkret definiert. Nachhaltigkeit ist also die Erreichung der Ziele - und zwar global. Die Ziele für nachhaltige Entwicklung dienen auch als Referenz für Unternehmen, um interne Prozesse zu bewerten und idealerweise nach den Zielen auszurichten. Durch die grosse Bekanntheit der SDGs, bieten sie einen guten Startpunkt, um eine nachhaltige Unternehmensstrategie aufzustellen. Es gibt 17 Sustainable Development Goals:
Innovative und nachhaltige Unternehmen besitzen einen (wirtschaftlichen) Wettbewerbsvorteil. Um nur einige Beispiele zu nennen, können diese Unternehmen Risiken besser abfedern, zukünftige Chancen nutzen, Kundenanfragen befriedigen, neuer Gesetzgebung folgen und talentierte Arbeitskräfte anziehen. Nachhaltigkeit zeigt langanhaltende Wirkung (ähnlich zur ursprünglichen Duden-Definition) und ist dennoch subjektiv, da einige Bestandteile von Nachhaltigkeit innerhalb eines bestimmten Kontexts relevanter sein können als andere. Insofern möchten wir passend zum Thema abschliessend unsere eigene Definition zusammenfassen: Nachhaltiges Verhalten umfasst ökologische, soziale und ökonomische Aktivitäten, die langfristig eine positive Wirkung auf das Individuum (bzw. Unternehmen) aber auch das Allgemeinwohl haben.
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